Trafiken verkaufen ihrer Kundschaft Nikotinbeutel (auch Nikotinpouches oder Nikopods, Nic-Bags genannt). In manchen Veröffentlichungen ist von „All-White“-Produkten die Rede oder von „Next Generation Products“. Marken- bzw. Produktnamen sind –u.a. Lyft, Faro, Skruf, Zyn, Nordic Spirit, White Fox. Es handelt sich um kleine Beutel mit weißem Pulver – kein Koks, das nicht. Hauptbestandteil ist Nikotinsalz oder an Kunststoff (Polymetacrylsäure) gebundenes Nikotin. Als Träger fungieren Cellulose(-pulver), Pflanzenfasern oder Tee (Camellia sinensis), ergänzt durch Aromen und Süßungsmittel.

Nikotinbeutel: All White
Voller Kick ohne Tschick? Zigaretten sind am Rückzug, aber ganz ohne Nikotin geht es für manche auch nicht. Nikopods schließen die Lücke.
Nikotin in kleinen Beuteln
Wer ohne Tabakrauch auskommen muss („Ehrenwort, ich rauche keine Zigaretten mehr!“), aber auf die Wirkung eines Glimmstängels nicht verzichten kann, schiebt die kleinen Beutel zwischen Lippe und Zahnfleisch. Dort sickert das Nikotin in die Blutbahn, gelangt ohne Umweg über die Leber direkt zum Herz und ab geht die Post: Blutdruck und Atemfrequenz steigen, die Verdauung springt an, der Hunger wird schwächer, der Geist wacher. Sowohl im Aussehen als auch in der Art der Verpackung und der Verwendung ähneln diese Produkte Tabak zum oralen Gebrauch (Snus).
Was das Nikotin im Beutel bewirkt
Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) beschreibt die dunkle Seite der weißen Beutel: Das Nikotin reichert sich in Speichel, Magensaft und Muttermilch an. Die Spermienqualität sinkt. Auch das Nikotin aus den Beuteln passiert die Plazenta. Für Schwangere sind die Beutel ungeeignet.
Gesunde Erwachsene mögen die Nikotin-Welle gut wegstecken und Totenkopf muss auf der Verpackung keiner abgebildet sein.
Giftig und suchterzeugend
Fakt ist aber auch: Nikotin ist giftig und hat eine starke suchterzeugende Wirkung. Gemäß Verordnung (EG) 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen wird Nikotin als H300, H310 und H330 klassifiziert. Das bedeutet Lebensgefahr bei Verschlucken, Hautkontakt oder Einatmen. Aufgrund des Nikotingehalts unterliegen die Beutel ab einem bestimmten Nikotingehalt dem Chemikalienrecht und müssen entsprechende Gefahrenhinweise aufweisen.
Gewicht und Nikotingehalt schwanken
Was die Produktgruppe der Nikotinbeutel problematisch macht: dass ihr Gewicht und Nikotingehalt stark schwankt. Das BfR fand eine Spannbreite zwischen 4,48 und 75,5 Milligramm pro Gramm Beutel. Bereits 16,7 Milligramm wirken bei der Aufnahme über den Mund akut giftig. Über die Beutel könnte man daher mehr Nikotin aufnehmen als mit einer Zigarette und mehr, als man verträgt. Wenn sich also ein zarter 15-Jähriger in der großen Pause ein Säckchen aufs Zahnfleisch klemmt, kann er u.U. im Englischunterricht den Großtaten von William the Conqueror schlecht folgen.
Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerz, Atemprobleme
Symptome einer leichten Nikotinvergiftung sind Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerz. Bei einer schweren reichen sie bis zu Atemproblemen und Kreislaufkollaps.
Gesetzeslücke
Einer Schuldirektion, so informiert das Institut Suchtprävention – Pro Mente OÖ, seien rechtlich weitgehend die Hände gebunden, denn die Hersteller nutzen eine Gesetzeslücke. Das Tabakgesetzt greift nicht, da die Säckchen keinen Tabak enthalten. Allerdings, so informiert uns die AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit), „ist in Aussicht genommen, auch diese Produkte zeitnah einer gesetzlichen Regelung zuzuführen“.
Einzelne Jugendschutzgesetze der Bundesländer, so die AGES, sehen bereits jetzt für Jugendliche u.a. ein „Verbot der missbräuchlichen Verwendung von Stoffen, die eine Betäubung, Aufputschung oder Stimulierung herbeiführen können“ (so etwa OÖ) vor, zu denen auch diese „Produkte gezählt werden können“.
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